Beschlossen auf der Gründungsveranstaltung der Revolutionären Linken
am 15. Oktober 2023 in Berlin
1. Der Kapitalismus ist ein System der Klassenherrschaft, das auf der Ausbeutung der arbeitenden Klasse beruht. Die ›arbeitende Klasse‹ definieren wir als die Masse aller Lohnabhängigen. Sie umfasst alle Personen, die vom Verkauf ihrer Arbeitskraft leben. Dabei ist es gleichgültig, ob sie in einer Fabrik, in einem Büro oder einem Krankenhaus arbeiten.
2. Diese Klasse der Lohnabhängigen ist heute größer und internationaler denn je. Sie eint ein gemeinsames Interesse gegenüber der kapitalistischen Klasse, die mittels ihrer Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel wie Werkstätten, Maschinen, Immobilien oder anderer Formen des Kapitals Profit aus der Ausbeutung der lebendigen Arbeit anderer gewinnt.
3. Die Klassenteilung führt zum Klassenkampf, der allein die Lage der Lohnabhängigen grundlegend verändern kann. Ihre Befreiung kann nicht stellvertretend durch eine Minderheit gebracht werden. In Marx’ Worten: »Die Befreiung der Arbeiterklasse muss das Werk der Arbeiterklasse selbst sein.«
4. Der Kapitalismus basiert auf Profitmaximierung. Alle Entscheidungen im wirtschaftlichen wie politischen Leben sind direkt oder indirekt diesem Motiv untergeordnet. Das Profitmotiv und die allseitige Konkurrenz der kapitalistischen Unternehmen untereinander zerstören die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit und bedrohen ihr Überleben. Der Klimawandel ist ein Produkt des industriellen Kapitalismus. Er lässt sich auf marktwirtschaftlichem Wege nicht aufhalten.
5. Die Kontrolle des erwirtschafteten Reichtums und der Produktionsmittel durch die arbeitende Mehrheit selbst und die Beendung der Ausbeutung durch die kapitalistische Klasse ist im Interesse aller Lohnabhängigen. Sie ist die Voraussetzung für eine freie, sozialistische Gesellschaft, die nicht auf Klassenteilung und Ausbeutung beruht. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse sowie der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit die Entscheidungen in Wirtschaft und Politik leiten.
6. Die kapitalistische Klasse herrscht nicht nur ökonomisch durch Ausbeutung am Arbeitsplatz. Sie herrscht auch politisch durch ihre Unterdrückungsorgane. Der Staatsapparat ist ein Instrument in den Händen der kapitalistischen Klasse. Historische Erfahrungen zeigen, dass sie nicht zögert, um mittels Justiz, Polizei oder Armee ernsthafte Bedrohungen ihrer Herrschaft zu zerschlagen. Diese Instrumente unterliegen im Kapitalismus keinen demokratischen Wahlen. Auch lässt sich die wirtschaftliche Macht der herrschenden Klasse nicht ›abwählen‹. Deshalb kann der Kapitalismus nicht auf friedlichem Wege durch schrittweise Reformen oder parlamentarische Gesetzgebung überwunden werden, sondern muss auf revolutionärem Wege gestürzt werden.
7. Der Kapitalismus ist nationalstaatlich organisiert, darum findet auch der Klassenkampf zunächst innerhalb nationalstaatlicher Grenzen statt. Doch die arbeitende Klasse hat als eine internationale Klasse das Potenzial, die nationalstaatlichen Grenzen zu durchbrechen. Der Sozialismus kann nicht isoliert in einem Land aufgebaut werden. Die sozialistische Revolution muss sich international ausbreiten, wenn sie erfolgreich sein soll.
8. Zur Sicherung der sozialistischen Revolution ist ein völlig anderer Staat notwendig, ein Staat auf Basis von Arbeiterräten. Historische Erfahrungen zeigen, dass solche Organe der demokratischen Herrschaft von unten auf betrieblicher Basis in allen großen sozialen Revolutionen seit Beginn des 20. Jahrhunderts entstehen.
9. Die arbeitende Klasse unterscheidet sich von allen anderen ausgebeuteten Klassen in der Geschichte dadurch, dass sie sich nur kollektiv befreien kann. Sie hat auch als einzige Klasse die Macht, die Herrschaft des Kapitalismus zu beenden. Die Ketten müssen dort gebrochen werden, wo sie geschmiedet werden. Eine sozialistische Gesellschaft entsteht nicht als Folge eines guten Programms. Sie kann nur aus den bestehenden Klassenkämpfen erwachsen.
10. Deshalb arbeiten wir in den Massenorganisationen der Lohnabhängigen, insbesondere den Gewerkschaften. Die gewerkschaftliche Organisierung ist der erste Schritt zur Selbstorganisierung als Klasse. Doch sie sind keine revolutionären Organe. Gewerkschaften handeln Löhne und Arbeitsbedingungen im Rahmen des Kapitalismus aus. Sie bringen daher naturgemäß eine Bürokratie hervor, die ein Interesse am Erhalt ihrer eigenen sozialen Stellung als Mittler zwischen den Klassen hat. Die gewerkschaftlichen Apparate können daher nicht Ausgangspunkt sozialistischer Aktivität in den Betrieben sein. Unser Ziel ist es, in den Gewerkschaften an der Basis zu wirken, um eine klassenkampforientierte Praxis zu unterstützen und die klassenbewusstesten Teile in den Betrieben in einer politischen, revolutionären Organisation zu vereinen.
11. Die kapitalistische Klasse verfolgt wie alle herrschenden Klassen in der Geschichte das Prinzip „Teile-und-herrsche“. Der Kampf gegen jede Form der Unterdrückung ist deshalb die Voraussetzung für einen erfolgreichen Widerstand von unten. Im Kampf um die Einheit der Klasse wenden wir uns gegen jede Form rassistischer, sexistischer, queerfeindlicher oder anderer Diskriminierung.
12. Wir treten für Religionsfreiheit ein. Religiöse Minderheiten müssen das Recht auf freie Ausübung ihres Glaubens haben.
13. Faschistische Parteien wie die AfD zielen auf die Errichtung eines Terrorregimes, das alle bürgerlichen Freiheiten und jede organisatorische Unabhängigkeit der arbeitenden Klasse beseitigt. Der Kampf zur Zurückdrängung dieser Parteien erfordert eine besondere Anstrengung der revolutionären Linken, im Bündnis mit anderen antifaschistischen Kräften.
14. Die Zerschlagung des Kapitalismus wird nicht jede Erscheinungsform von Diskriminierung automatisch und sofort verschwinden lassen. Aber sie entzieht der Unterdrückung von Minderheiten die materielle Grundlage. Der Kampf gegen die ökonomische Ausbeutung der Lohnabhängigen und gegen die Unterdrückung von Minderheiten stehen in einem inneren Zusammenhang. Wir stehen solidarisch an der Seite von Unterdrückten im Kampf gegen ihre Unterdrückung und betonen dabei stets die Notwendigkeit einer gemeinsamen sozialistischen Alternative.
15. Die soziale, wirtschaftliche und politische Unterdrückung von Frauen ist historisch die Folge der Aufteilung der Gesellschaft in besitzende und besitzlose Klassen. Der Kampf um die umfassende Gleichstellung der Geschlechter ist ein wichtiger Bestandteil des Widerstandes gegen den Kapitalismus, der erzielte Fortschritte immer wieder in Frage stellt. Im Kampf um eine klassenlose Gesellschaft muss jede Form der geschlechtsbezogenen Benachteiligung aufgehoben werden.
16. Die stalinistischen Regime, die im 20. Jahrhundert erst in Russland und dann in Osteuropa sowie China entstanden sind, waren nur dem Namen nach sozialistisch. Tatsächlich handelte es sich um staatskapitalistische Regime. Eine bürokratische Klasse kontrollierte den Staatsapparat und beutete die Lohnabhängigen aus. Weder in China, noch in Nordkorea oder Kuba existieren heute klassenlose Gesellschaften, auch wenn die herrschenden Parteien dort den Begriff „Kommunismus“ im Namen tragen.
17. Heute zeichnet sich der Kapitalismus international durch Mischformen staats- und privatkapitalistischer Systeme aus. Der Konkurrenzkampf der nationalstaatlich organisierten kapitalistischen Klassen führt zu einem gigantischen Rüstungswettlauf und immer neuen Kriegen. Dieses System aus konkurrierenden kapitalistischen Staaten nennen wir Imperialismus. Es prägt alle internationalen Beziehungen. International dominieren einige wenige imperialistische Mächte, die um Märkte, Ressourcen und Einfluss streiten. Die Arbeiterklasse hat in diesem Wettstreit in keinem Land etwas zu gewinnen. Wir treten in diesen Konflikten für die Solidarität der internationalen Arbeiterklasse in den kriegführenden Staaten untereinander und gegen jede Form des Nationalismus imperialistischer Staaten ein. Wir unterstützen Kämpfe gegen nationale Unterdrückung, wie zum Beispiel im Kampf für die Befreiung Palästinas.
18. Sich auf die Revolution vorzubereiten heißt, in der lohnabhängigen Klasse eine politische Organisation aufzubauen, die den Kampf um die Macht führen kann. Denn die Klasse kann sich nicht als eine Ansammlung von Individuen spontan befreien. Unser Feind, die kapitalistische Klasse, agiert nationalstaatlich organisiert und in koordinierter Weise. Der Kapitalismus kann daher nur mittels zentralisiert organisierter Gegenmacht von unten geschlagen werden. Alle historischen Erfahrungen zeigen: Es gab und gibt viele Revolutionen, aber die meisten scheiterten am Mangel an Klarheit und Organisation auf Seiten der revolutionären Mehrheit. Ohne revolutionäre Partei ist die arbeitende Klasse unfähig, den Kapitalismus zu stürzen.
19. Unser Ziel ist es, eine revolutionäre Partei aufzubauen, die die klassenbewusstesten Teile vereint, um in den entscheidenden Kämpfen über die Voraussetzung für einen Erfolg zu verfügen. Wir fordern alle diejenigen auf, sich der Organisation der Revolutionären Linken anzuschließen, die mit unseren politischen Grundsätzen übereinstimmen und bereit sind, aktiv am Kampf für den Sozialismus teilzunehmen.