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Aktiv werden gegen Rechts! Doch: Was kann man noch wählen?

Deutschland / Revolutionäre Linke / 28. November 2024

18 Thesen zur Bundestagswahl 2025

Nach dem vorzeitigen Aus der Ampelkoalition sollen am 23. Februar 2025 Neuwahlen zum Deutschen Bundestag stattfinden. Alle Umfrageergebnisse lassen befürchten, dass die AfD massiv an Stimmen dazugewinnen wird und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz nächster Bundeskanzler wird. Grund genug, alle Kräfte in einen aktiven Wahlkampf gegen Rechts zu werfen. Doch was kann man noch wählen, wenn die Alternativen Scholz, Habeck oder Wagenknecht heißen?

Eine Stellungnahme der Revolutionären Linken in 18 Thesen.

1. Die Bundestagswahl 2025 steht unter dem Zeichen trüber wirtschaftlicher Aussichten und einer schärfer werdenden imperialistischen Konkurrenz. Der designierte US-Präsident Trump droht der EU mit einem Handelskrieg, während der Abnutzungskrieg zwischen Russland und NATO in der Ukraine ein gigantisches Wettrüsten ausgelöst hat.
Beides engt den Spielraum für einen Ausgleich der Klasseninteressen in Deutschland massiv ein. SPD und Grüne, CDU/CSU und FDP: Sie alle stehen für eine Fortsetzung eines milliardenschweren Aufrüstungskurses. Bezahlen soll die breite Bevölkerungsmehrheit. Ganz gleich, wer nach den Bundestagswahlen regiert: Die Lohnabhängigen müssen sich auf mehr Angriffe einstellen.

2. Die größte Gefahr geht von der AfD aus. Was vor mehr als zehn Jahren als Anti-Euro-Partei begann, hat sich in den letzten fünf Jahren zu einer im Kern faschistischen Partei entwickelt. Unter dem Nazi Björn Höcke ist die AfD in Thüringen zur stärksten Kraft geworden.
Nicht alle Wählerinnen und Wähler der AfD sind Nazis. Doch die Gefahr besteht, dass aus Wählern Anhänger, und aus Anhängern Mitglieder werden.

3. Die AfD heizt mit ihren rassistischen Parolen das gesellschaftliche Klima auf und ermutigt Nazi-Schläger, Terror gegen ›Ausländer‹ und Linke auf die Straßen zu tragen. Die AfD profitiert von rassistischen Abschiebedebatten und heizt sie zugleich an.

4. In einer solchen Situation ist Wahlenthaltung keine Option. Jede nicht abgegebene Stimme von Linken erhöht den Anteil für die AfD. Umgekehrt würde ein schlechteres Ergebnis der AfD signalisieren, dass Geflüchtete in Deutschland willkommen sind.
Die Revolutionäre Linke (RL) führt deshalb einen antifaschistischen Wahlkampf: Nicht in der Hoffnung, dass irgendeine der zur Wahl stehenden reformistischen Parteien uns einen Schritt näher in Richtung Sozialismus bringt. Sondern als einen Beitrag zum Kampf gegen die AfD.

5. Es geht dabei nicht vorrangig um die Wahl selbst. Reale Bewegungen von Massen auf der Straße sind unendlich wichtiger als die vereinzelte Stimmabgabe in der Wahlkabine. Deshalb kommt den Mobilisierungen, die die Massenkonfrontation gegen die AfD suchen, zentrale Bedeutung zu.

6. Wir rufen zu lautstarken Protesten und Blockadeversuchen gegen den AfD-Bundesparteitag am 11. Januar 2025 in Riesa auf. Daneben wird die RL zusammen mit anderen Antifaschistinnen und Antifaschisten, sowohl aus dem radikalen wie dem gemäßigten linken Spektrum, Aktionen gegen die AfD vor Ort durchführen: Von Plakatieren über antifaschistische Wahlstände bis hin zu Protestaktionen gegen lokale AfD-Wahlkundgebungen.
Wir rufen Anhängerinnen und Anhänger der Linkspartei, des BSW, der Grünen und der SPD auf, gemeinsame Aktionen gegen die AfD und Rassismus zu unterstützen – ungeachtet der Konkurrenz im Wahlkampf.

7. Doch was können wir am 23. Februar konkret wählen? Die SPD blinkt im beginnenden Wahlkampf links und fordert unter anderem einen Mindestlohn von 15 Euro. Sollte es zu einer Koalition mit der CDU/CSU kommen, wird von derlei sozialen Versprechen nicht viel übrigbleiben. Schon die Ampelkoalition startete 2021 als ›Fortschrittskoalition‹ und versprach vieles. Bekommen haben wir massive Preissteigerungen bei Energie, Mieten und Lebensmitteln. Nichts spricht dafür, dass die SPD in einer Koalition mit CDU/CSU als Gegengewicht zum Blackrock-Manager Merz eine sozialere Politik durchsetzen würde.

8. Die Ampelkoalition hat eines gezeigt: Die Hoffnung auf soziale Verbesserungen über den Wahlzettel führt unweigerlich zur Enttäuschung. Die SPD versprach 2021 eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Als die ein Jahr später kam, wurde sie gleich von der Inflation aufgefressen. Die Einführung des 9-Euro-Tickets für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs wurde nach nur drei Monaten wieder einkassiert.
Andere Versprechen von SPD und Grünen, wie die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, hat die Ampelkoalition gar nicht erst in Angriff genommen. Sie hat die Misere verwaltet, sonst nichts. Am Ende von drei Jahren Ampel droht bundesweit die Schließung von hundert Krankenhäusern. Die Garantie auf einen Kitaplatz für alle Kleinkinder steht nur auf dem Papier.

9. SPD und Grüne verweisen auf die FDP und deren Festhalten an der Schuldenbremse als Ursache für ihr eigenes Versagen. Tatsache ist: Die Schuldenbremse, also der Verzicht auf Kreditaufnahme für öffentliche Ausgaben, wurde 2009 mit den Stimmen der SPD im Grundgesetz verankert. Die Grünen ihrerseits haben auf dem jüngsten Parteitag einen Antrag der eigenen Jugendorganisation auf Abschaffung der Schuldenbremse abgelehnt.

10. Ja, die Schuldenbremse ist in Wirklichkeit nichts als ein Spardiktat und muss weg. Aber für SPD und Grüne ist sie zugleich eine bequeme Ausrede, um über die eigene unsoziale Politik hinwegzutäuschen. Der voraussichtlich künftige Bundeskanzler Friedrich Merz hat nun deutlich gemacht: Klar könne man die Schuldenbremse lockern – solange es nicht um Sozialausgaben geht. Ganz gleich, ob am Ende die CDU/CSU mit den Grünen oder der SPD regiert – das Grundproblem wird bleiben.

11. Deshalb ist die Wahl von SPD und Grünen auch kein ›kleineres Übel‹ gegenüber CDU/CSU. Es steht vielmehr zu befürchten, dass eine SPD in der Regierung durch ihre Verbindungen in die hauptamtlichen Gewerkschaftsapparate den Widerstand in den Betrieben weiter zu zügeln versuchen wird.

12. Seit über einem Jahr bombardiert Israel Gaza. Der Krieg hat sich zu einem Genozid ausgewachsen; gegen Ministerpräsident Netanjahu liegt nun ein internationaler Haftbefehl wegen ›Verbrechen gegen die Menschlichkeit‹ vor. Doch die angeblich ›wertegeleitete‹ Außenpolitik von Rot-Grün unterstützt Israel weiterhin bedingungslos.
Die sozialdemokratische Innenministerin Faeser und ihre Amtskollegen in den Bundesländern wie der nordrheinwestfälische Innenminister Reul nutzen das zu scharfen Angriffen auf das Recht auf Meinungs-, Versammlungs- und Organisationsfreiheit. Ungezählte Demonstrationen in Solidarität mit Palästina wurden gewaltsam unterdrückt, pro-palästinensische Vereine wurden verboten. Wer das kritisiert, wird als ›Antisemit‹ gebrandmarkt.

13. SPD und Grüne stehen für Sozialabbau, Aufrüstung und Repression. Doch nicht nur sie haben enttäuscht. Auch die Linkspartei hat deren Schwäche aus der Opposition heraus nicht genutzt. Als Kanzler Scholz 2022 die ›Zeitenwende‹ verkündet und ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr aufgelegt hat, war der Widerstand Der Linken lau. Denn die Partei war nicht in der Lage, sich eindeutig gegen die Entsendung von Waffen an die Ukraine im NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland zu positionieren.
Als CDU/CSU und SPD am 12. Oktober 2023 Israel schließlich in einem gemeinsamen Antrag im Bundestag volle Rückendeckung bei der Bombardierung von Gaza gaben, stimmte Die Linke geschlossen mit. In den entscheidenden Konflikten ist sie in den vergangenen Jahren klammheimlich bis offen zu einer Partei des deutschen Imperialismus geworden.

14. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat sich über diese Frage von der Linkspartei abgespalten. Vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg legte sich Wagenknecht öffentlich fest: Es werde keine Koalition mit Parteien geben, die den Eskalationskurs im Ukrainekrieg oder die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen befürwortet.
Dies schließt jede Koalition mit SPD, Grünen oder der CDU aus. Doch der Wahlabend war in Sachsen und Thüringen noch nicht zu Ende, da reichte das BSW den möglichen Koalitionspartnern schon die Hand. Im Gegenzug für zu Nichts verpflichtende Aussagen in der Präambel der Koalitionsvereinbarungen wird das BSW nun in Brandenburg mit der SPD und in Thüringen mit CDU und SPD regieren.

15. Neben diesem Ausverkauf in der Friedensfrage hat sich Wagenknecht auch an den rassistischen Abschiebedebatten beteiligt. Nach dem Messerangriff von Solingen hat sie gleich ein eigenes Sechs-Punkte-Papier zur Begrenzung der Einwanderung und der Verschärfung von Asylregeln vorgelegt. Sie füttert damit die Lüge der AfD, wonach der Zuzug von Menschen die Quelle von Unsicherheit in Deutschland sei.
Zugleich hat Wagenknecht keine Bedenken, sich mit Alice Weidel auf ein Fernseh-Podium zu setzen und so die AfD als ganz normale Partei erscheinen zu lassen. Als Option in einem antifaschistischen Wahlkampf scheidet das BSW aus.

16. Angesichts des Versagens aller reformistischer Parteien propagieren einige Revolutionäre den Zusammenschluss zu einem eigenen Bündnis revolutionärer Gruppen, um eine Alternative bei der Bundestagswahl anbieten zu können. So verständlich dieser Schritt auch ist: Er führt in Wirklichkeit tiefer in die Isolation hinein.
Ob ein Wahlbündnis 80, 500 oder auch 1000 Mitglieder hat, ist ohne Bedeutung für die breite Mehrheit der Lohnabhängigen. Denn es bleibt eine irrelevante Anzahl ohne Einfluss auf den Ausgang der Wahl. Die RL lehnt es ab, sich an solchen Bündnissen zu beteiligen oder aus Protest andere unbedeutsame Formationen oder gar Spaßparteien zu wählen.

17. Die einzige größere Kraft, die derzeit für einen Wahlkampf steht, der Migration nicht gegen soziale Verbesserungen ausspielt, ist die Linkspartei. Eine Überwindung der Fünf-Prozent-Hürde durch sie verbinden viele mit der Hoffnung, dass auch künftig im Bundestag ein Gegenpol zur Hetze der AfD besteht und den migrationsfeindlichen Kampagnen der Mainstream-Parteien etwas entgegensetzt würde.

18. Die RL empfiehlt daher bei der Bundestagswahl eine Stimmabgabe für Die Linke – ohne Illusionen. Als die Partei in den letzten drei Jahren gebraucht wurde, wie zum Beispiel zur Verteidigung der palästinasolidarischen Bewegung, hat sie versagt. Doch im anstehenden Wahlkampf wird es vorrangig um den Widerstand gegen Rechts gehen. Die Stimmabgabe für die Linkspartei verstehen wir als Ausdruck unserer Solidarität mit allen, die im Bundestag eine antirassistische Kraft sehen wollen, und die nicht für die Ampelpolitik mitverantwortlich war.
Gleichzeitig rufen wir dazu auf, die AfD aktiv im Wahlkampf zu konfrontieren und mit der RL eine unabhängige revolutionäre Kraft aufzubauen, um in Zukunft mehr als die Wahl zwischen Pest und Cholera zu haben.


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