Der deutsche Kapitalismus kommt aus der Krise nicht heraus – die Regierung Merz reagiert mit massiver Aufrüstung
Am vergangenen Wochenende hielt die Revolutionäre Linke ihre diesjährige Vollversammlung ab. Dabei wurde eine Resolution zur aktuellen politischen Lage angenommen, die wir an dieser Stelle dokumentieren.
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1. Die Gegensätze zwischen den imperialistischen Staaten haben sich im Laufe der vergangenen zwölf Monate erheblich zugespitzt. Der globale Zollkrieg, den US-Präsident Trump nach seiner Wahl im Januar erklärt hat, geht einher mit einem Rüstungswettlauf gigantischen Ausmaßes. Der sich unter enormen Opferzahlen hinziehende Ukrainekrieg ist ein Schauplatz dieses inter-imperialistischen Konflikts; in Südostasien droht der Konflikt zwischen China und den USA, bzw. deren Verbündete, in einen offenen großen Krieg überzugehen.
2. Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD beteiligt sich an dem Rüstungswettlauf und heizt ihn mit an. Noch in diesem Frühjahr hatte die alte Ampel-Regierung aus CDU/CSU, SPD und Grüne eigens die Verfassung geändert, um den Weg für die Aufnahme von insgesamt 851 Milliarden Euro Schulden bis 2029 freizumachen. Dies entspricht in etwa zwei kompletten Jahresbudgets des deutschen Staates. Der Löwenanteil dieser gigantischen Summe fließt in die ungehemmte Aufrüstung der Bundeswehr. Ziel ist es, so Bundeskanzler Friedrich Merz, die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitmacht in Europa zu machen.
3. In diesem Wettlauf rechtfertigt jede Seite ihre eigene Aufrüstung mit der Bedrohung durch die jeweils andere Seite. Tatsächlich befinden sich in einem inter-imperialistischen Krieg bzw. Rüstungswettlauf die Aggressoren auf allen Seiten. Aufgabe von Sozialistinnen und Sozialisten ist es, die jeweils eigene herrschende Klasse zu attackieren. Dies kann den Widerstand gegen den Militarismus auf der Seite des gegnerischen imperialistischen Lagers ermutigen. In dieser Verbrüderung von unten liegt die einzige Perspektive. Wir unterstützen die Desertion auf beiden Seiten des Ukrainekrieges. In Deutschland ist der Widerstand gegen die drohende Wiedereinsetzung der Wehrpflicht zentral.
4. Die in der Bevölkerung wachsende Kriegsangst ist rational und ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Revolutionäre. Die Tatsache, dass gigantische Summen in die Aufrüstung gesteckt werden, aber für Soziales, Renten, Löhne im öffentlichen Dienst oder Arbeitslose angeblich kein Geld da sei, macht die Argumentation einfach. 851 Milliarden für Soziales, nicht Krieg – diese Forderung verbindet den Widerstand gegen den Imperialismus der herrschenden Klasse mit den Klasseninteressen der Lohnabhängigen in Deutschland. Es ist ein Argument, dass am Arbeitsplatz, in den Schulen und Universitäten, im Gewerkschaftsseminar, am Küchentisch und in der Kneipe gleichermaßen funktioniert.
5. Ein Hindernis für den Widerstand gegen Aufrüstung und Wehrpflicht sind die vorherrschenden Ideen in den Resten der Friedensbewegung. Stark beeinflusst von den alternden Milieus der ehemaligen DKP im Westen und Sahra Wagenknechts BSW orientiert das „Netzwerk Friedenskooperative“ oder das übergreifende Aktionsbündnis „Nie wieder Krieg – die Waffen nieder“ auf Verhandlungslösungen unter den imperialistischen Mächten. Aus diesen Netzwerken heraus werden erhebliche Illusionen in eine vermeintlich defensive Ausrichtung des Putin-Regimes verbreitet. Dies mindert die Ausstrahlungskraft auf junge Menschen und übt zugleich eine Anziehungskraft auf AfD-Relativierer und versprengte Teile des Schwurbler-Milieus (Corona-Leugner u.a.) aus, die auf Demonstrationen der Friedensbewegung auftauchen. Die Friedensbewegung kann aus diesem selbst gebauten Ghetto nur herauskommen, wenn der Brückenschlag zur Palästinabewegung dauerhaft gelingt und ihr so neue, dynamische Kräfte zufließen.
6. Der Kolonialkrieg Israels gegen die palästinensische Bevölkerung hat sich im Gazastreifen zu einem Völkermord ausgewachsen. Die deutsche herrschende Klasse ist über Rüstungsexporte, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Zusammenarbeit sowie diplomatische, politische und finanzielle Parteinahme für Israel in ihn verstrickt. Im Innern hat der deutsche Staat systematisch versucht, jede Kritik am Massenmord durch harte Repressionsmaßnahmen zu unterdrücken. Ein Klima der Angst vor Repression, beruflichen Konsequenzen und öffentlicher Diffamierung hat über einen langen Zeitraum zur sozialen Isolierung der Palästina-Solidarität beigetragen.
7. Diese Lage kippt seit dem Sommer 2025. Die Bundesregierung kommt mit ihrer einseitigen Unterstützung für Israel spürbar unter Druck. Dies macht Räume für den Widerstand von unten auf, wie die Demonstrationen am 21. Juni sowie am 13. und 27. September in Berlin, und am 3. Oktober in Berlin und Stuttgart verdeutlichen. Aufgabe von Sozialistinnen und Sozialisten ist es, für die Verbreiterung des Widerstandes zu argumentieren und mobilisieren.
8. Symbolische Aktionen der Herrschenden wie die verspätete Anerkennung eines – nicht existierenden – palästinensischen Staates beeindrucken die israelische Regierung nicht. Wirkliche Macht übt der wirtschaftliche Druck aus, der von Arbeiteraktionen gegen die Verladung israelischer Waren und Waffen wie in Griechenland oder Italien ausgeht. Das Erreichen der deutschen Gewerkschaften, die als einzige Massenorganisationen migrantische wie nicht-migrantische Lohnabhängige vereinen, bildet ein wichtiges strategisches Ziel für die Palästina-Solidarität hierzulande. Wir unterstützen die Forderungen nach einem umfassenden und sofortigen Lieferstopp für alle Rüstungsgüter an Israel, sowie nach Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel.
9. Die ökonomische Ausgangslage ist für das Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung denkbar schlecht. Die deutsche Wirtschaft befindet sich das dritte Jahr infolge in einer Rezession. 2023 ging das Bruttoinlandsprodukt um 0,9 % zurück, 2024 schrumpfte die Gesamtwirtschaftsleitung um 0,5 %. Im ersten und zweiten Quartal 2025 lagen die Zahlen bei 0,0 bzw. -0,2 %.
10. Diese Stagnation macht sich seit dem Herbst 2024 zunehmend im Verlust von Arbeitsplätzen bemerkbar, vor allem in der Schwerindustrie. VW will seine Belegschaft bis 2030 um ein Drittel reduzieren. Autozulieferer wie ZF und Bosch bauen Stellen in substanzieller Größe ab, die Stahlsparte von ThyssenKrupp ebenso. Traditionsunternehmen aus Baden-Württemberg, wie die Werkzeugbau Laichingen GmbH, meldeten in diesem Jahr Insolvenz an. Im August 2025 knackte die Arbeitslosenzahl das erste Mal seit zehn Jahren wieder die Marke von 3 Millionen.
11. Die Krise des verarbeitenden Gewerbes trifft eine Kernbranche des deutschen Kapitalismus. Aber auch hinsichtlich der Anziehung ausländischer Direktinvestitionen musste der Standort Deutschland herbe Rückschläge hinnehmen, gerade in vermeintlichen Zukunftsbranchen. So ging der schwedische Batteriehersteller Northvolt noch vor dem ersten Spatenstich für das angekündigte Werk in Heide (Schleswig-Holstein) pleite, trotz eines Geschenks von 700 Millionen Euro aus dem deutschen Steuersäckel. Der US-Chiphersteller Intel vermeldete Milliardenverluste und gab seine Ansiedlungspläne in Magdeburg auf, obgleich die deutsche Bundesregierung dafür staatliche Hilfen in Höhe von 9,9 Milliarden Euro in Aussicht gestellt hatte.
12. Diese Krise ist auch eine Krise für die Marktideologie der Grünen, die unter ihrem Wirtschaftsminister Robert Habeck über großzügige Geschenke an die Großindustrie den Ausbau erneuerbaren Energien vorantreiben und Deutschland bis 2035 durch umfassende emissionsfreie Elektrifizierung sowie Umstellung auf grünen Wasserstoff klimaneutral machen wollte. Der grüne Traum war es, dabei einen innovativen, hochmodernen und konkurrenzfähigen deutschen Kapitalismus zu schaffen, der Klima und Umwelt schont.
13. Die Krise der Grünen und ihrer Ideen spiegelt sich auch im Niedergang der Klimabewegung wider. Weltweit beschleunigt sich die Klimaerwärmung weiter, in Deutschland erreichte die Jahresmitteltemperatur 2023 und 2024 jeweils einen neuen Rekordstand laut Messung des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Dennoch hat „Fridays for Future“ (FFF) erheblich an Mobilisierungsfähigkeit eingebüßt. Auslöser war die Spaltung der Bewegung über Greta Thunbergs Solidarisierung mit Palästina. Darin drückte sich aber lediglich die zugrundeliegende Problematik aus, nämlich die Abhängigkeit der FFF-Führung in Deutschland von den Ideen der Grünen und deren Glaube an Veränderungen durch Gesetzgebung und moralische Appelle, im Einklang mit der Marktideologie der Grünen.
14. Die wirtschaftliche Krise untergräbt allerdings auch die Grundlage sozialdemokratischer Politik, die sich an die grüne Ideologie angehängt hatte und sich dabei als Hüterin der sozialen Gerechtigkeit profilieren wollte. So stand der sozialdemokratische Minister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil zu Beginn der Ampelkoalition für eine deutliche Anhebung des Mindestlohns; heute versuchen sich die sozialdemokratischen Regierungsmitglieder, insbesondere Finanzminister Lars Klingbeil und Sozialministerin Bärbel Bas, innerhalb der aktuellen Koalition mit der CDU/CSU als Bewahrer der Rente zu profilieren. Die SPD dringt damit kaum durch, denn jeder kleine soziale Fortschritt wird durch Inflation, Mietenexplosion oder geplante Sozialeinschnitte konterkariert.
15. SPD und Grüne sind in der Ampelregierung nicht nur an der Gefangenschaft in einer Koalition mit der wirtschaftsliberalen FDP und einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gescheitert, die die Kreditaufnahme über den Weg von Schattenhaushalten für verfassungswidrig erklärt hat. Sondern vor allem daran, dass sich über und mit dem freien Markt weder die grundlegende Klimawende der deutschen Wirtschaft, noch die Bewahrung sozialer Standards umsetzen lässt. Nach dem Zusammenbruch der Ampelkoalition ist in beiden Parteien eine tiefe Ratlosigkeit übriggeblieben, die die Zustimmungswerte weiter und weiter sinken lässt.
16. Als Ergebnis des Inflationsschubs der Jahre 2021, 2022 und 2023 liegt die reale Kaufkraft der tarifgebundenen Löhne trotz eines Plus von durchschnittlich 4,5 % im Jahr 2024 heute immer noch 4,7 % unter dem Wert von 2020. Für die nicht-tarifgebundenen Löhne, deren Anteil in Deutschland wächst, dürfte der Abstand noch größer sein. Die Armutsquote jedenfalls – also der Anteil derjenigen, die über weniger als 60% des Medianeinkommens verfügen – ist seit 2010 kontinuierlich gestiegen. Heute gelten rund 18% aller Haushalte in Deutschland als arm.
17. Coronakrise und Inflationsschub haben zwei unterschiedliche Tendenzen befördert. Zum einen wurde 2024 mehr gestreikt. Die Zahl der streikbedingten Ausfalltage erreichte mit 1,527 Millionen einen Wert, der zuletzt 2015 und davor im Jahre 2006 zu verzeichnen war. Allerdings war die Zahl der Streikenden mit 857.000 etwa so hoch wie in den Vorjahren. Das zeigt an, dass die Streiks im Schnitt länger und härter waren. Die bis dahin verhältnismäßig gute Lage auf dem Arbeitsmarkt (›Fachkräftemangel‹) hat die Lohnabhängigen gerade in mittelständischen Betrieben und auch im Osten häufig in eine günstige Ausgangslage gebracht.
18. Allerdings hat das Arbeitskampfniveau nicht das Ausmaß gehabt, dass es die gesellschaftliche Stimmung hätte dauerhaft kippen können. Insbesondere die IG Metall hat in einigen Großbetrieben wie VW nahezu widerstandslos einen enormen Stellenabbau akzeptiert, aus Rücksicht gegenüber dem ›Standort Deutschland‹. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat, aus Rücksicht gegenüber der geschwächten SPD-Innenministerin Faeser, nicht die volle Stärke ausgespielt und im Tarifkampf des Bundes und der Kommunen ein mehr als durchwachsenes Ergebnis hingenommen.
19. Im Ergebnis dieser Gemengelage sind Sorgen und Ängste um die eigene wirtschaftliche Lage bei Millionen noch einmal deutlich gewachsen. Laut Verteilungsbericht 2024 des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) fürchten »mehr als die Hälfte der Menschen in der unteren Einkommenshälfte, aber auch 47 Prozent in der oberen Mittelschicht ihren Lebensstand zukünftig nicht mehr halten zu können«. Dies führt zu einer Erosion der politischen Bindungskraft des bürgerlich-parlamentarischen Systems. Die Untersuchung des WSI ergab, dass »weniger als die Hälfte der Armen und der Menschen mit prekären Einkommen findet, dass die Demokratie in Deutschland im Großen und Ganzen gut funktioniert. Sie sehen für sich auch keine Möglichkeit, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.«
20. Die politischen Konsequenzen sind dramatisch. Die Ampelkoalition ist Ende 2024 mit extrem schlechten Popularitätswerten vorzeitig auseinandergebrochen. Der im Februar 2025 gewählte konservative Bundeskanzler Friedrich Merz betrat die Bühne dennoch nicht als strahlende Hoffnungsfigur. Vielmehr scheiterte er als erster Kandidat überhaupt in der ersten Runde der Kanzlerwahl im Bundestag. Der letztliche Grund für diese peinliche Pleite war, dass mehr und mehr Konservative die Koalition mit der SPD als Last empfinden und auf ein Bündnis mit der AfD schielen – ganz gleich, ob diese nun vom Inlandsgeheimdienst (›Verfassungsschutz‹) als rechtsextrem eingestuft wird. Seitdem ist es nicht besser geworden: Anstatt als Kanzler zu punkten, sind die Popularitätswerte von Merz bis zum Sommer weiter gesunken.
21. Die Linkspartei konnte im Bundestagswahlkampf zu Beginn des Jahres 2025 ein überraschendes Comeback hinlegen. Hauptgrund war ihr Alleinstellungsmerkmal als eine Partei, die klar gegen den Rassismus der AfD sowie die Merzsche Kollaboration mit der AfD stand. Im Gegensatz dazu hat das Bündnis Sahra Wagenknecht vor allem wegen ihrer fortwährenden Relativierung des Rassismus den Einzug in den neuen Bundestag knapp verpasst.
22. Das Grundproblem, das die Linkspartei 2024 in eine existenzielle Krise trieb, ist damit nicht beseitigt. Insbesondere im Verhältnis zum deutschen Imperialismus und der Palästina-Solidarität demoralisiert der Schlingerkurs der Führung um Jan van Aken und Ines Schwerdtner die Mitgliedschaft. Es ist hervorzuheben, dass die Linke-Minister in den Landesregierungen von Mecklenburg-Vorpommern und Bremen im Bundesrat sogar der Verfassungsänderung zur ungebremsten Aufrüstung zugestimmt haben. Die Partei ist extrem gespalten zwischen jenen Mitgliedern, die neu eingetreten sind, um etwas gegen Aufrüstung, Krieg und für Palästina zu machen, und dem etablierten, opportunistischen Apparat.
23. Die Zustimmung zur Linkspartei in den Umfragen wächst weiter, aber nur langsam und vor allem zu Lasten von SPD und Grünen. Von der wachsenden Systementfremdung kann sie kaum profitieren. Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen blieb sie damit trotz des symbolischen Überspringens der 5-Prozent-Hürde weit hinter den Möglichkeiten zurück. Dies ist in einer Zeit des allgemein gewordenen Rechtsrucks nicht zu begrüßen, sondern ein Problem (das die Partei selbst schafft).
24. Zehntausende neue Mitglieder sind zu Beginn des Jahres 2025 in die Linkspartei eingetreten; viele davon sind heute passiv und ratlos. Revolutionäre dürfen diesen meist jungen Mitglieder nicht mit Häme begegnen, sondern müssen Sympathie zeigen – und dabei zugleich radikale Antworten geben. Dort, wo die Revolutionäre Linke auf Einladung von Linkspartei auf Podien gesprochen hat, konnte und kann sie deren Anhänger erreichen und zugleich die Basis für gemeinsame Aktionen in der Zukunft legen.
25. Hauptgewinnerin der politischen Lage ist eindeutig die faschistische AfD. Seit dem Sommer 2025 liegt sie bundesweit in verschiedenen Umfragen gleichauf mit CDU/CSU, in Sachsen-Anhalt laut Infratest dimap sogar bei 39 Prozent. Das ist mehr, als CDU und SPD zusammen bekommen würden, wären dort heute Landtagswahlen. Auch im Westen kann die AfD an Boden gewinnen, wie die Verdreifachung des Ergebnisses bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen verdeutlicht.
26. Dass es sich dabei um keinen Automatismus handelt, zeigen die Ergebnisse in Münster, wo die AfD auf nur rund 4 Prozent kam. In dieser Stadt gibt es seit nahezu einem Jahrzehnt eine breite Kultur des antifaschistischen Widerstands, der zum Beispiel regelmäßig die Neujahrsempfänge mit AfD-Prominenz verunmöglichte.
27. Zukunftsängste speisen das Umfragehoch der AfD, doch die Bundesregierung plant weitere soziale Einschnitte. Die Angriffe gegen Bürgergeldempfänger sowie Maßnahmen gegen Migrantinnen und Migranten vermitteln den Eindruck, die AfD werde als Anti-System-Partei von den Medien verteufelt, während ihr inhaltlich recht gegeben wird. Zugleich profitiert sie von einem internationalen Umfeld, in dem US-Präsident Trump den von ihm provozierten Sturm auf das Capitol durch einen rechten Mob nachträglich legalisiert und seine Verachtung für Rechte von Minderheiten und Geflüchteten, bürgerliche Gerichte und multilaterale Abkommen zur Schau trägt. US-Vizepräsident Vance sowie Elon Musk haben offen für die AfD Partei bezogen.
28. Es gibt keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. Der Aufstieg der AfD ist alarmierend. Aber die Partei kann dennoch geschlagen werden. Ihr Kern ist faschistisch, aber die Masse der Wählerinnen und Wähler sind es nicht. Die großen Bataillone der arbeitenden Klasse haben keine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Eine zugespitzte Klassenkonfrontation kann das Kräftegleichgewicht wieder nach links kippen. Eine Vorstellung davon bekommen wir, wenn wir ins Nachbarland Frankreich gucken, wo der Fall der vierten Regierung in zwei Jahren nicht zu einem Rechtsruck, sondern zu großen Mobilisierungen der Linken, umfassenden Streiks und der Abwehr sozialer Angriffe geführt hat.
29. Mobilisierungen und direkte Konfrontationen gegen die AfD sowie die Stiefelnazis auf der Straße sind dabei weiterhin ein entscheidendes Element. Die Rechte kann nicht durch Appelle an den Staat gestoppt werden, er möge ihre Partei verbieten. Ebenso wenig kann die AfD gestoppt werden, wenn Politiker wie Innenminister Dobrindt mehr Menschen an den Grenzen abweist oder der sozialdemokratische Oberbürgermeister von Bochum in der Bild-Zeitung Ressentiments gegen ›Ausländer‹ wie Bulgaren schürt. Nur breit angelegte und entschlossene Mobilisierungen gegen die Kerne des deutschen Faschismus behindern deren Aufbau und ermutigen zugleich den Widerstand im Alltag. Bundesweite Demonstrationen wie gegen die Neugründung der AfD-Jugend in Gießen im November sind dabei zentral.
30. Revolutionäre Kerne können in einer Situation der tiefen Entfremdung vom kapitalistischen System schnell wachsen. Zentral dafür ist eine solidarische und aktive Bezugnahme auf Klassenkämpfe, Bewegungen in Solidarität mit Palästina sowie gegen die Aufrüstung und die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Diese Bezugnahme darf nicht unter dem Vorbehalt organisatorischer Ultimaten stehen. Der Aufbau der eigenen revolutionären Organisation und die solidarische Zusammenarbeit mit reformistischen Kräften in diesen Bewegungen müssen Hand in Hand gehen.
Schlagwörter: AfD, Krieg, Merz, Trump
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