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Wiedereinführung der Wehrpflicht: »Wir wollen kein Kanonenfutter sein!«

Deutschland / 27. Mai 2025

Global tobt ein Aufrüstungswettlauf, und Deutschland will dabei ganz vorne mitmischen. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist dabei ein zentraler Baustein. Jan Trikole ist Schüler in Coesfeld und könnte als einer der ersten davon betroffen sein. Hier sein Kommentar.

Die Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt. Nicht, weil die Herrschenden damals den Krieg als Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen ausgeschlossen hätten. Im Gegenteil sollte die Bundeswehr zu einer „Armee im Einsatz“ werden. Heißt: Trotz der damals entspannten Lage in Europa sollte die Bundeswehr auf Biegen und Brechen in Auslandseinsätze außerhalb des NATO-Bündnisgebietes geschickt werden. Dafür brauchte es eine kleinere, schlagkräftige und professionelle Armee. Das war in jedem Fall deutlich billiger als die sinnlose Kasernierung von Hunderttausenden junger Leute ohne Aussicht auf Verwendung.

In den Koalitionsverhandlungen drängte die CDU/CSU nun auf die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Dahinter steckt die Verschärfung der internationalen Lage: Nicht nur im Konflikt mit Russland, sondern auch mit den USA. Sichtbar wurde dies mit dem Auftritt des US-Vizepräsidenten auf der Sicherheitskonferenz in München im Februar, auf der er de facto das Bündnis mit den Europäern im Ukrainekrieg für beendet erklärt hat.

Szenario für Massenstationierung in der Ukraine

Als Reaktion wurde in München am Rande sehr konkret übers Geld und über Truppenstärken geredet. In Kreisen des Bundesverteidigungsministeriums kursiert laut Table-Mediendienst ein Szenario, nach dem „eine robuste Schutztruppe für eine mögliche Absicherung der ukrainisch-russischen Grenze bis zu 200.000 Soldaten umfassen müsste. Sollten die USA sich wie angedroht bei einer solchen Truppe enthalten, rechnen die Experten im Ministerium mit allein 50.000 Soldaten aus Deutschland.“

Dafür braucht es nicht nur Spezialkräfte und Hightech-Waffen. Dafür braucht es vor allem Massen an Soldatinnen und Soldaten, die die Bundesregierung heute schlichtweg nicht mobilisieren kann. Daher der Druck in Richtung Wehrpflicht: Meine Generation soll zu neuem Kanonenfutter in einem möglichen Krieg im Osten gemacht werden.

Halbheiten von der Sozialdemokratie

Noch hält die SPD dagegen. Doch das kann uns nicht beruhigen. Bereits im November kam es auf Initiative des alten und neuen Bundesverteidigungsministers Pistorius zur Einführung eines Gesetzes, das auf die Wiedereinführung der Wehrpflicht durch die Hintertür hinausläuft. Unter dem harmlosen Namen „Neuer Wehrdienst“ soll zunächst einmal eine lückenlose Wehrerfassung durchgesetzt werden – ein Schritt, der eine unabdingbare Voraussetzung für die Einführung der Massenzwangsrekrutierung darstellt.

Mich erinnert das Vorgehen an obrigkeitsstaatliche Traditionen. Nach dem umstrittenen schwedischen Modell sollen junge Menschen ab 18 verpflichtet werden, persönliche Daten wie Fitnesslevel und Wehrbereitschaft preiszugeben. Die Bundeswehr darf diese Informationen dann nutzen, um gezielt Druck auf rund 10.000 junge Männer auszuüben, sich mustern zu lassen – eine fragwürdige Taktik, um den unattraktiven Dienst künstlich aufzuwerten.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die SPD in der Frage wackeln wird. Denn sie teilt die Grundüberzeugung der CDU/CSU, die Bundeswehr müsse aufgerüstet und „kriegstüchtig“ gemacht werden.

Schließlich machen auch einflussreiche Vertreter des Kapitals Front dafür. So wirbt Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander für Wehrpflicht. Er „spricht von positiven Signalen des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz. Dieser habe auf die „Vorläufigkeit der Freiwilligkeit“ hingewiesen und die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands mit der personellen Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr verknüpft. Zander schrieb im April begeistert: „Man möchte laut rufen: Endlich!“ Zander ist nebenbei Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung, das den Verteidigungsminister berät.

Wofür sterben?

Die Begründungen der Regierung sind hohl: Angeblich geht es um „Verteidigungsfähigkeit“ und „Demokratie“. Doch was bedeutet das konkret?

Sollen wir für ein Deutschland sterben, das Sozialleistungen kürzt, während Rüstungsmilliarden fließen? Für ein Land, dessen Schulen verrotten, dessen Gesundheitswesen kollabiert – während die Bundeswehr Blankoschecks über Hunderte Milliarden Euro erhält?

Für eine „Demokratie“, die bei Protesten gegen den Völkermord in Palästina sofort auf Polizeigewalt setzt? Eine Demokratie, wo man alle vier Jahre nur ein Kreuzchen bei seiner Lieblingsfarbe setzt? Die Demokratie die vor den Fabriktoren und Ausführungsorganen des Staates aufhören?

Der wahre Grund: Kapital und Imperialismus

All diese Phrasen sind nur Ablenkungen. In Wahrheit will Deutschland uns in den Krieg schicken, um seine Kapital- und Machtinteressen durchzusetzen. Franz-Josef Strauß, CSU-Vorsitzender und Verteidigungsminister während des Kalten Krieges, beklagte: Deutschland sei wirtschaftlich ein Riese, jedoch militärisch nur ein Zwerg. Die neue Regierung will nun auch politisch ein „Riese“ werden – das heißt die militärisch stärkste Macht in Europa. Sie wollen wieder einer der großen Starken sein, und nicht abhängig von Frankreich und England in der Ukraine. Und genau dafür wollen sie ein Deutschland mit so vielen Soldaten und Waffen wie möglich.

Es geht um Einfluss in der Ukraine, um Rohstoffe und Profite aus dem Wiederaufbau nach dem Krieg. Sollte es zu einem Waffenstillstand kommen, will die Bundesregierung mit der Entsendung deutscher „Friedenstruppen“ an die künftige Demarkationslinie ihren Platz am Beutetisch sichern – während der Wille der ukrainischen Bevölkerung ignoriert wird. Die Verhandlungen werden über ihre Köpfe hinweg geführt.

Doch diejenigen, die in den Krieg geschickt werden sollen – vor allem junge Menschen unter 30 – wollen das nicht. Die Mehrheit in Deutschland lehnt diese Politik ab.

Was tun?

Klar ist: Wir sind nicht bereit, für die Interessen der Herrschenden zu töten oder zu sterben. Die bürgerliche Presse versucht uns einzureden, wir – die Kriegsdienstverweigerer, Deserteure und sogenannten „Vaterlandsverräter“ – stünden im Unrecht und müssten für ihre Machtinteressen unser Leben opfern. Doch während sie für Aufrüstung und Krieg hetzen, muss die gesellschaftliche Linke entschlossenen Widerstand leisten. Wir müssen gemeinsam eine noch größere, stärkere Friedensbewegung aufbauen – über das bisher Erreichte hinaus.

Fazit: Die Wehrpflicht ist kein „Dienst am Vaterland“, sondern ein Instrument der Kriegsvorbereitung. Die Antwort kann nur heißen: Organisieren. Widerstehen. Verweigern.


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