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Österreich: Faschist Kickl vor Übernahme der Regierungsgeschäfte

Faschismus & Antifaschismus / International / 25. Januar 2025

Zum ersten Mal droht in Österreich nach 1945 eine Regierung unter Führung einer faschistischen Partei. Der Führer der „Freiheitlichen Partei Österreichs“ Herbert Kickl hat vom österreichischen Bundespräsidenten Alexander van Bellen (Grüne) einen Auftrag zur Regierungsbildung bekommen. Kickl hat sich selbst in Reminiszenz an Adolf Hitler als „Volkskanzler“ angekündigt.

Von Robert Neumann

Aus den Nationalratswahlen am 29. September ging die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) mit knapp 29 % als stärkste politische Kraft hervor. Zunächst lehnten alle Parteien eine mögliche Koalitionsregierung mit der FPÖ ab. Selbst die konservative ÖVP, die in der Vergangenheit bereits zweimal eine gemeinsame Regierung mit der FPÖ gebildet hatte, weigerte sich unter der möglichen Führung eines Herbert Kickl auf Verhandlungen einzugehen. Nachdem aber die Verhandlungen zwischen der ÖVP, den Sozialdemokraten und der liberalen NEOS an der Frage der Haushaltsfinanzierung gescheitert sind, bekam jetzt die FPÖ den Auftrag eine neue Regierung zu bilden.

Die Konservativen: Steigbügelhalter der Faschisten

Die ÖVP war jedoch schnell bereit, ihre Bedenken über Bord zu werfen, weil es durchaus inhaltliche Überschneidungen zwischen diesen Parteien gibt. Dies betrifft beispielsweise die wirtschaftlichen Positionen. Aber insbesondere auch in der Migrationsfrage, wo beide eine restriktive, migrationsfeindliche Politik befürworten.

Unklar ist, wie eine konservativ-faschistische Koalition auf die wirtschaftliche Rezession reagieren wird, die in Österreich herrscht. Es drohen massive Einschnitte in den Staatshaushalt. Schon nach drei Tagen Verhandlungen beschlossen FPÖ und ÖVP Budgeteinsparungen von 6,3 Milliarden Euro. Die FPÖ muss abwägen: Will sie dem großen Kapital gefallen, auch zulasten ihrer Popularität in der eigenen kleinbürgerlichen Klientel?

Die FPÖ und Herbert Kickl

Herbert Kickl übernahm 2019 die Führung der FPÖ, nachdem Zusammenbruch der letzten gemeinsamen Koalition mit der ÖVP. Hintergrund war der sogenannte „Ibiza-Skandal“, als der damalige Parteiführer Strache mittels eines heimlich gedrehten Videos als schwer korrupt geoutet worden ist.

Kickl trimmte seine Partei auf einen strammen Rechtskurs. Er nannte sich selbst „Volkskanzler“: Ein Begriff, den auch Hitler für sich nutzte. Er begann seine Parteikarriere als provokanter Redenschreiber für den einstigen Frontmann der FPÖ, Jörg Haider. Von ihm stammten Wahlkampfslogans wie „Daham statt Islam“ oder „Abendland in Christenhand“.

Antisemitismus

Dabei schreckte er auch vor Antisemitismus nicht zurück. Er attackierte den damaligen Vorsitzenden der jüdischen Kulturgemeinde in Wien Ariel Muzicant mit den Worten: „Wie kann einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben?“

In seiner Amtszeit als Innenminister verdeutlichte Kickl, dass er in der Regierungsbeteiligung vor allem ein Sprungbrett für eine mittelfristige Umwälzung des Systems als Ganzes ansieht.

Das Innenministerium warb auf rechtsextremen Internetseiten für den Dienst bei der Polizei und den Innenbehörden. So wollte er den FPÖ-Einfluss in der Regierung nutzen, um tausende Anhänger in den Staatsdienst und den Besitz einer Dienstwaffe zu bringen.

FPÖ: Eine faschistische Partei

Die FPÖ weist eine lange rechte Tradition auf. Sie wurde 1955 von ehemaligen Mitgliedern der NSDAP gegründet. Zu diesen Mitbegründern gehörte beispielsweise Anton Reinthaller, der als Minister im ersten Kabinett nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 Verantwortung in der Regierung trug und außerdem Mitglied der Waffen-SS war.

Diese direkte personelle Traditionslinie zum Nationalsozialismus war zunächst nicht sehr populär. Erst in den 80er Jahren, infolge der Lähmung des Landes durch eine große Koalition zwischen ÖVP und SPÖ,  gelang unter der Führung von Jörg Haider der Aufstieg der FPÖ.  Seitdem zog die in zahlreiche Länderparlamente ein und konnte zweimal auf Bundesebene in eine Regierungskoalition mit der ÖVP als Juniorpartner eintreten.

Die FPÖ hat es geschafft, sich als ein Sammelbecken für verschiedene rechte Kräfte zu etablieren. Sie schuf eine Verbindung zwischen der parlamentarischen Rechten und außerparlamentarischen Rechten, darunter die offen faschistisch auftretende Identitäre Bewegung. Zudem rekrutierte sich ein Großteil der Parteikader  aus den deutschnationalen Burschenschaften an den Universitäten.

Wesen und Fassade

Sie versucht einen politischen Spagat, indem sie sich auf der einen Seite einen bürgerlichen legalen Anstrich gibt, während gleichzeitig durch gezielte provokative Äußerungen das harte rechte Umfeld um sich geschart wird.

Rassismus ist der Kitt und zugleich Wahlkampfschlager. Die FPÖ kanalisiert bestehende Ängste um und hetzt gegen „Überfremdung“. Im Wahlprogramm, das die Überschrift „Festung Österreich-Festung der Freiheit“ trägt, fordert die Partei die „Homogenität“ des Volkes und die „Remigration in die Heimatländer“. Kurzum: die FPÖ will die Deportation Zehntausender Menschen mit migrantischen Wurzeln.

Kickl fordert Demutsgeste

Auf einer Pressekonferenz vor dem Beginn der Verhandlungen forderte Kickl von der ÖVP, sie solle anerkennen, dass sie für die schlechten politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in Österreich verantwortlich sei.

Kommentare bürgerlicher Zeitungen erkannten dies als Forderung nach einer Geste der „Unterwerfung“. Der „Standard“ warnte: „Wenn Kickl auf die Republik ähnlich zugeht wie auf die ÖVP, dann ist mit keinem demütigen Staatsdiener zu rechnen, sondern mit einem autoritär auftretenden Führer, der seine Gegner außer Gefecht setzt und die Untertanen maßregelt. Das war keine ausgestreckte Hand, das war die geballte Faust.“

Machtübernahme?

Kickls wird seine Macht als Kanzler nutzen, um systematisch die eigenen „Leute“ in Positionen in Staat und Medien zu bringen. Eine Entwicklung, die Vorbildcharakter für die AfD in Deutschland haben könnte.

Österreich steht vor unruhigen Zeiten. Die bloße Kanzlerschaft Kickl ist noch keine Machtübernahme mit Gleichschaltung, wie es die NSDAP zwischen Januar und März 1933 durchzog. Dafür muss Kickl erst noch massenhaft bewaffnete Anhänger auf die Straße bringen. Allerdings arbeitet er genau daran.

Es ist ermutigend, dass es sehr viele Menschen in Österreich gibt, die eine solche Entwicklung nicht hinnehmen wollen. An dem Tag, an dem Kickl durch den Bundespräsidenten den Auftrag zur Regierungsbildung erhielt, demonstrierten 50.000 Menschen in Wien dagegen. Dies ist gut, aber nur ein Anfang.

Der Widerstand auf der Straße gegen Kickl und die FPÖ muss weitergehen. Ein „Volkskanzler“ Kickl kann nur durch anhaltenden Massenwiderstand auf der Straße gestoppt werden. Ein wichtiger Baustein dazu wären Streiks der Gewerkschaften gegen drohende unsoziale Maßnahmen – sie würden sehr schnell klarmachen, dass Kickl einer Macht gegenübersteht, die stärker ist als er – die organisierte Arbeiterklasse.


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