Polizeigewalt – das wahre Gesicht des Staates
Oldenburg, in der Nacht zum Ostersonntag: Ein Polizist erschießt den 21-jährigen Lorenz A. Lorenz ist ein bekannter Basketballspieler in der Stadt, beliebt und – schwarz. Die Bild machte den jungen Mann sogleich zum Täter: Er sei mit einem Messer auf die Beamten losgegangen. Tatsächlich wirft die offizielle Version der Polizei reichlich Fragen auf, meint Jan Trikole.
Der Abend begann mit einer banalen Situation: Lorenz wurde der Zutritt zur Diskothek Pablo verwehrt. Begründung: Er trage eine Jogginghose. Daraufhin eskalierte die Lage. Die Polizei behauptet, Lorenz habe Reizgas eingesetzt und später ein Messer gezogen, als Security-Mitarbeiter ihn verfolgten.
Warum schoss der Polizist von hinten?
Laut Obduktion trafen die Kugeln Lorenz an Hüfte, Oberkörper und Kopf. Mindestens drei Schüsse drangen nach Angaben der Staatsanwaltschaft von hinten in den Oberkörper ein. Ein klarer Hinweis darauf ist, dass er in dem Moment nicht frontal auf die Beamten zugegangen sein kann, sondern weglief.
Die Polizei argumentiert, Lorenz solle eine Bedrohung dargestellt haben, da er Reizgas in Richtung der Beamten gesprüht habe. Doch selbst wenn das zutrifft: Rechtfertigt das, mehrmals von hinten auf einen fliehenden Mann zu schießen und ihn mit einem Kopfschuss zu töten?
Ermittlungen und öffentliche Reaktionen
Die Staatsanwaltschaft leitete ein Todschlagsverfahren gegen den Beamten ein, der vorläufig vom Dienst suspendiert wurde. Doch wird es Konsequenzen geben oder wird der Fall im Sande verlaufen? Offenbar haben viele ihre Zweifel an der Aufklärungsbereitschaft der Behörden. Das legt die massive öffentliche Anteilnahme vor Ort nahe, wo bis zu 10 000 Menschen demonstrierten. Viele glauben, die Polizei könnte aus rassistischer Motivation gehandelt haben.
Freund und Helfer? Die tödliche Realität polizeilicher Straflosigkeit
Die Polizei inszeniert sich als ›Freund und Helfer‹ – doch die Realität sieht anders aus. Männer mit Migrationshintergrund werden systematisch kriminalisiert. Lorenz A. ist nur ein Toter in einer langen Reihe.
In seinem Fall führt die Polizeiinspektion Delmenhorst die Ermittlungen durch. Das ist ein zynischer Witz. Es ist dieselbe Behörde, in deren Gewahrsam 2023 der 19-jährige Qosay Khalaf unter ungeklärten Umständen starb. Er kam damals als gesunder junger Mensch in Polizeigewahrsam – und verstarb auf der Wache unter ungeklärten Umständen. Das Verfahren wurde damals eingestellt.
Das System ist das Problem
Klar ist: Die tödlichen Schüsse müssen aufgeklärt, und der oder die schuldigen Beamten bestraft werden. Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) trägt die politische Verantwortung für die Polizeigewalt und die Vertuschung früherer Gewalttaten und muss zurücktreten.
Doch diese Forderungen werden nur durchgesetzt werden, wenn es auf Dauer Druck von unten in dem Fall gibt. Die Polizei ist kein neutraler Schutzapparat, sondern eine bewaffnete Institution, die von Rassismus und Machtmissbrauch nur so strotzt. Sie ist Teil der Exekutive wie die Staatsanwaltschaft, die effektiv ermitteln müsste, aber häufig selbst extrem konservativ und von Rassismus geprägt ist. Vor Gericht haben Polizisten in den meisten Fällen nicht viel zu befürchten.
Lorenz A. wurde von hinten auf der Flucht erschossen. Doch Medien wie die Bild verunglimpfen sein Andenken, weil sie selbst rassistisch sind. Auch deshalb ist die Bewegung so wichtig: Um den Angehörigen Halt gegen die Schmierenkampagne von rechts zu geben.
Die Polizei schützt nicht die Menschen – sie schützt sich selbst. Gerechtigkeit gibt es nur im Kampf dagegen.
Schlagwörter: Polizeigewalt, Rassismus