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Der einzige Weg zum Frieden in der Ukraine

International / 13. August 2024

Vor einer Woche ist die ukrainische Armee in einem Überraschungsangriff auf russisches Territorium vorgedrungen. Laut eigenen Angaben hat sie dabei 28 Orte erobert, hält 1000 qkm Gebiet in der Region Kursk und hat dabei 120.000 Menschen vertrieben. Dies verdeutlicht, was wir bereits auf Revolinks.de argumentiert haben: Es handelt sich um einen Raubkrieg auf beiden Seiten. Doch was ist die Lösung im Ukrainekrieg? Karl Naujoks gibt eine Antwort, die in den deutschen Massenmedien nicht zu hören ist.

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 kennen Bundesregierung und Medien nur eine Antwort. Sie behaupten unisono, dass immer mehr Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine am Ende zum Sieg über Russland und damit zum Frieden führen würde.

Die Konsequenz dieser Politik ist das Anheizen einer schier endlosen Rüstungsspirale und immer mehr Tote an den Fronten.

Wie viele es sind, wissen wir nicht, weil sie seit fast zwei Jahren nicht mehr veröffentlicht werden. Das Portal Medusa hat Anfang Juli auf Grundlage von Daten aus Sterberegistern und Nachrufen abgeleitet, dass auf russicher Seite mindestens 120.000 Soldaten getötet worden seien. Auf der ukrainischen Seite werden die Opferzahlen nicht geringer sein.

Frieden durch Sieg?

Die Ukraine kämpft als quasi verlängerter Arm der NATO. Russland sucht das Bündnis mit China. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg von beiden Seiten, in dem es um Land, Einfluss und Macht geht. Ein Sieg würde in diesem Krieg nicht nur mit weiteren, unzähligen Opfern bezahlt werden. Er wird auch keinen dauerhaften Frieden bringen.

Ein Sieg der Ukraine und die Wiederherstellung der territorialen Einheit des Landes würde die USA ermutigen, auch im Konflikt mit China aggressiver vorzugehen. Die Bundesregierung würde dies als Erfolg ihrer Hochrüstung sehen und in weitere Kriegsschauplätze drängen – mit Panzern und Waffen, und schließlich auch mit Soldaten. Sollte Putin gewinnen, würde dies ein Botschaft an alle Staaten im „nahen Ausland“ Russlands sein, sich dem Diktat und den Interessen Moskaus zu beugen.

Ganz gleich, wer in einem imperialistischen Krieg wie dem Ukrainekrieg gewinnt: die Masse der Bevölkerung verliert – auf beiden Seiten.

Sanktionen als nicht-militärische Alternative?

Gleich nach Ausbruch des Krieges wurden wirtschaftliche Sanktionen als nicht-militärische Maßnahme propagiert, um Russland die Waffen aus der Hand zu schlagen. Mittlerweile ist das vierzehnte Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg gebracht worden. So wie die dreizehn Pakete zuvor wird auch dieses den Krieg nicht stoppen.

Dafür haben sie die Versorgungslage in Russland für die einfache Bevölkerung verschlechtert und Putin ein Argument gegen die Opposition im Land an die Hand geliefert. Er kann die Sanktionen des Westens für alle wirtschaftlichen Probleme verantwortlich machen. Er kann auf die Bösartigkeit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock verweisen, die die russische Wirtschaft nach eigenen Worten mittels der Sanktionen „ruinieren“ will.

Inflation

Tatsächlich greifen die Sanktionen auch den Lebensstandard der armen Leute im Westen an. Sie haben eine Energieverknappung provoziert, die 2022 und 2023 auch hierzulande einen enormen Preisauftrieb generierte. Für die Inflation zahlen wir alle kräftig drauf, während die Löhne hinterherhinken.

Zugleich hat der gestiegene Preis für Erdgas dazu geführt, dass Putin gute Geschäfte mit Abnehmern wie China, Indien oder den zentralasiatischen Republiken macht. Allein die russischen Gaslieferungen an Usbekistan sollen sich von 1,28 Milliarden m³ im letzten Jahr auf 11 Milliarden m³ im Jahr 2026 steigern.

Die Sanktionen fördern so das Auseinandertreiben der Weltwirtschaft in sich feindlich gegenüberstehende Blöcke – ein Szenario, das an die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg von 1914 erinnert.

Frieden durch Dialog der Herrschenden?

Reden ist besser als Schießen. Diese einfache Logik hat Sahra Wagenknecht aufgegriffen und fordert Verhandlungen mit dem russischen Regime. Im Februar 2023 mobilisierte sie dafür zusammen mit Alice Schwarzer Zehntausende nach Berlin. In ihrem Manifest, das bis heute 900.000 Menschen unterschrieben haben, kritisieren sie die Eskalation des Krieges durch Waffenlieferungen und fordern Kanzler Scholz zum Dialog mit Putin auf. In den letzten Monaten gab es auch vergleichbare Stimmen aus den Reihen der SPD zu hören.

Natürlich ist das eine bessere Position als die der offenen Kriegstreiber aus den Reihen der Ampelkoalition und CDU/CSU. Aber es gibt ein fundamentales Problem mit dieser Forderung nach Verhandlungen. Es legt die Initiative und Hoffnungen in die Hand der Regierenden. Symptomatisch ist es, dass auf die eine Großdemonstration im Februar 2023 lange Zeit keinerlei weiter Mobilisierungen folgten.

Die Forderung nach Verhandlungen reduzierte sich für Wagenknecht auf eine eine Wahlkampfparole.

Scholz, Biden und Putin lassen sich nicht von ein paar Prozentpunkten bei irgendwelchen Wahlen beeindrucken. Sie folgen ihren eigenen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen. Solange der Krieg die jeweils eigene Seite nicht erschöpft, werden sie ihn weiter eskalieren lassen.

Krieg ist die „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, so hatte es einst der preußische Militärtheoretiker Clausewitz formuliert. Umgekehrt ist ebenfalls richtig: auf einen imperialistischen Frieden folgt immer nur der nächste imperialistische Krieg.

Verbrüderung von unten

Dabei gibt es eine Lösung, die auf der Hand liegt und nicht viel kostet. Es ist die Verbrüderung von unten. Das erscheint abstrakt. Doch tatsächlich haben nach der Teilmobilmachung, die Putin per Dekret im September 2022 verkündete, rund 600.000 junge Russen schlagartig das Land Richtung EU verlassen. Weitere 100.000 flohen nach Kasachstan.

Die Reaktion der EU war symptomatisch. Anstatt diese Deserteure mit offenen Armen aufzunehmen und ihnen – wie zuvor ukrainischen Staatsangehörigen – Aufenthalt zu gewähren, hat die EU ihnen die Nase vor der Tür zugeschlagen. Russischen Deserteuren wurde ein Aufenthaltsrecht in der EU verweigert, die meisten wurden ausgewiesen.

Die Logik dahinter ist so einfach wie brutal: Die Regierenden in Berlin und anderswo in der EU wollen lieber einen Sieg über die militärische Eskalation, der ihnen geostrategische Vorteile verspricht, als ein Frieden, der auf der Fahnenflucht von Hunderttausenden basiert.

Demonstration am 3. Oktober

Was heißt Verbrüderung von unten praktisch, wenn wir über Tausende Kilometer getrennt sind? Sie drückt sich darin aus, dass wir den Kampf gegen unsere eigenen Herrschenden aufnehmen.

Der deutsche Revolutionär Karl Liebknecht drückte es im Ersten Weltkrieg so aus. „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“.

Soll heißen: In einem Krieg von Imperialisten auf beiden Seiten müssen wir vor unserer eigenen Haustür kehren.
Deshalb ist es gut, dass nun aus dem Umfeld der ehemaligen Friedensbewegung  am 3. Oktober nach Berlin zu einer Demonstration gegen Waffenlieferungen und die Eskalation des Krieges mobilisiert wird.

Es geht nicht darum, Illusionen in die Verhandlungsbereitschaft der Herrschenden zu schüren. Es geht darum, auf den Straßen Berlins den Druck gegen die Bundesregierung und ihren Kriegskurs zu erhöhen.

Unsere Hauptforderung heute ist es, die Aufrüstung der Bundeswehr zu stoppen, Waffenexporte in das Kriegsgebiet zu beenden und die Bundeswehrstationierung in Litauen rückgängig zu machen.

Die Logik dahinter: Jede Mobilisierung gegen die NATO und die Kriegstreiber im Westen ermutigt die Putin-Gegner in Russland.

Kriegsgegner in Russland

Und diese Gegner gibt es, auch wenn sie unterdrückt werden und wir sie nicht mehr in den Medien sehen können. So argumentierte die Sozialistische Tendenz in der Russischen Föderation nach Ausbruch des Krieges 2022: „Der Krieg ist ein imperialistischer Konflikt zwischen Russland und dem Westen, in dem die Ukraine unglücklicherweise zum Spielball geworden ist. Wir bedauern, dass deren Bevölkerung so viel Leid durchmachen muss. … Wir stehen für die Niederlage unserer Regierung im imperialistischen Krieg. … Viele Russen mögen keinen Krieg mehr, es ist an der Zeit zu sagen „Kein Krieg zwischen den Völkern, kein Frieden zwischen den Klassen“. Wir rufen alle Linken auf, mit uns zu Anti-Kriegs-Aktionen zu kommen!“

Es ist dieser Mut der Kriegsgegner in Russland, an dem wir uns ein Beispiel in Deutschland nehmen können. Wir drücken unsere Solidarität nicht durch die Forderung nach Waffen an die Ukraine aus, sondern mit der Forderung nach einem Rückzug der NATO und einem Stopp der deutschen Hochrüstung.


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